“Glasfaser – brauche ich nicht.” Oder doch?

Außer den Bürgermeisterwahlen gibt es aktuell ein weiteres Thema, das in Heusenstamm und Rembrücken für heiße Diskussionen sorgt: Glasfaser. Und die Aussage in der Überschrift: “Glasfaser – brauche ich nicht.” hört man nun doch relativ häufig. Und genau an dieser Stelle möchte ich einmal ansetzen – stimmt das denn tatsächlich? Brauchen wir das denn tatsächlich nicht? Oder wäre es vielleicht sogar ein fataler Fehler, wenn wir die sich aktuell bietende Gelegenheit, eine entsprechende Verkabelung bis ins Haus hinein zu erhalten, nicht nutzen würden?

Aus vielen Gesprächen mit Nachbarn und Freunden weiß ich zumindest schon mal, dass viele tatsächlich der Ansicht sind, dass ja eigentlich alles gut so ist wie es ist und wir deshalb nichts anderes bräuchten.

Man kann es ahnen – ich sehe das in der Tat ein bisschen anders. Und deshalb möchte ich in einer kleinen Artikelserie zum Thema “Glasfaser” einmal erklären, warum ich glaube, dass wir uns die sich aktuell bietende Gelegenheit zumindest einmal näher anschauen sollten. Und ich möchte ein bisschen aufklären – im Moment wabert da nämlich viel Halbwissen durchs Netz, es gibt (teilweise auch berechtigte) Bedenken, es gibt Unsicherheiten … Ich möchte versuchen, diese Fragen und Themen aufzunehmen, zu beantworten und evtl. bestehende Unsicherheiten auszuräumen. Und zwar nicht, weil ich der Firma teranet, die das Glasfasernetz hier unter Umständen aufbauen würde, einen Gefallen tun will – sondern weil ich die sich bietende Chance, Heusenstamm und Rembrücken in die Zukunft zu bringen, nicht ungenutzt verstreichen lassen möchte. Also purer Egoismus. :-)

Also – fangen wir an …

Warum glaube ich, dass es sinnvoll ist, sich mit dem Thema “Glasfaser” zumindest einmal näher zu beschäftigen?

Schauen wir uns die aktuelle Situation an. Die meisten von uns haben einen Vertrag mit einem der großen Telefonanbieter (das dürfte in Rembrücken in den allermeisten Fällen die Telekom sein, manche haben vielleicht auch Verträge mit Vodafone, Telefonica oder 1&1). Alle nutzen dabei aber das gleiche Leitungsnetz, bestehend aus einer (uralten) Kupferverkabelung, die von einer aus Jügesheim kommenden Glasfaseranbindung gespeist wird. Diese Glasfaseranbindung endet an den Straßenverteilern, von wo die einzelnen Haushalte dann mit einem Kupferkabel angebunden sind. Durch verschiedene technische Raffinessen ist es in den vergangenen Jahren gelungen, die Datengeschwindigkeit auf diesen Kuperkabeln immer wieder ein bisschen zu erhöhen (die Stichworte lauten hier “DSL, VDSL, Vectoring, Super-Vectoring), die Bandbreiten liegen i.d.R. zwischen 50 Mbit/s und 100 Mbit/s, im optimalen Fall können sie auch bis zu 250 Mbit/s erreichen. Aber wohlgemerkt bezogen auf die Daten, die aus dem Internet geliefert werden. Wenn jemand etwas ins Internet hochladen will (Fotos, Videos, Datensicherungen in der Cloud usw.) dann betragen die typischen Bandbreiten zwischen 10 Mbit/s und maximal 40 Mbit/s.

Aber in der Tat – für die Anwendungen, die die meisten von uns nutzen, reicht das heutige Netz in der Tat aus. OK, wenn alle gleichzeitig Fußball über das Internet gucken, Homeoffice und Homeschooling dazu kommt, noch eine Zoom-Konferenz läuft, der Junior Netflix streamt und die Tochter des Hauses in YouTube unterwegs ist – dann kann es schon mal ein bisschen ruckelig werden oder der Fußball ist mehr eckig als rund. Da kommen wir dann also schon in den Grenzbereich – aber irgendwie geht’s halt doch noch.

Und jetzt schauen wir mal in die Zukunft. Ohne konkret sagen zu können, was uns da genau erwartet, können wir doch drei Dinge festhalten:

  1. Der Bedarf an höherer Geschwindigkeit und höherer Bandbreite (es passen also mehr Daten zur gleichen Zeit durchs Kabel) wird zunehmen – Fotos werden größer, TV-Bilder werden immer hochauflösender, Filme kommen immer mehr von Netflix, Amazon und YouTube und nicht mehr nur von ARD und ZDF.
  2. Es wird Anwendungen geben, von denen wir heute noch gar nicht wissen, dass es sie geben wird und wir sie nutzen wollen (und werden). Und alle diese werden über das Internet funktionieren.
  3. Wenn wir vor zehn Jahren gesagt hätten, dass uns die Geschwindigkeit und Bandbreite ausreicht, würden wir heute feststellen, dass das falsch war. Die damalige Technik (Kupferkabel) funktioniert heute nur noch, weil der Datendurchsatz auf dem Kabel durch technische Innovationen vergrößert werden konnte. Mit der Technik von 2010 würden wir heute jedoch nicht das machen können, was wir machen können. Es ist naheliegend, dass sich die Entwicklung entsprechend fortsetzt – NUR: auf dem Kupferkabel wird es keine technischen Weiterentwicklung mehr geben (können). Da sind wir am Ende. Und trotzdem werden in den kommenden Jahren schnellere Verbindungen und größere Bandbreiten benötigt.

Und genau deshalb ist die Aussage: “Glasfaser – bauche ich nicht.” leider falsch.

Richtig wäre die Aussage: “Glasfaser – brauche ich HEUTE nicht. Aber MORGEN.

Und deshalb geht es jetzt auch gar nicht darum, ob man mit der aktuellen Situation zufrieden ist, ob alles funktioniert und man deshalb keinen Bedarf an etwas Neuem sieht. JETZT geht es darum zu erkennen, dass wir MORGEN ein Problem haben werden – und das dieses Problem HEUTE gelöst werden könnte. Nämlich mit der Technologie, die das Kupferkabel ablösen wird. Und das ist das Glasfaserkabel. Es ist auch nicht strittig, ob das so sein wird – es stellt sich nur die Frage, WANN das sein wird. Entweder JETZT, wenn wir die Möglichkeit nutzen, die sich aktuell hier ergibt oder ERST DANN, wenn wir alle merken, dass wir an die Grenzen von Kupfer stoßen. Klar, dann kann man das immer noch machen – aber dann wird jeder zu Recht fragen, warum man ein Problem, von dem wir wissen, dass es kommen wird, nicht gelöst haben, bevor es da war, sondern (wieder einmal) warten mussten, bis es zu spät ist.

Ich verstehe aber natürlich auch, dass es da Bedenken gibt – angefangen bei den Kosten, bei der Tatsache, dass der einer kommt und ein Loch in meine Hauswand bohren will, irgendjemand ein Kabel durch meinen Vorgarten schießt und, und, und … Und die Bedenken sind auch alle richtig und berechtigt. Darüber muss man sprechen, das muss man erklären. Und genau das werde ich in den kommenden Woche in loser Folge an dieser Stelle tun. Da kommt also immer wieder mal was zu diesem Thema – für heute war mir erst einmal wichtig zu erläutern, warum wir alle uns mit diesem Thema beschäftigen sollten, auch wenn wir im ersten Moment weder einen Nutzen noch einen konkreten Bedarf dafür sehen.